Gerhard Illig erzählt von der Niederbayerntour
Stadt-Land-Fluss: Im Bayerischen Thermenland gibt es viel zu entdecken auf zwei Rädern. Die längste Tour der Region führt von Passau, über Landshut in die UNESCO-Welterbe-Stadt Regensburg. Fotograf Gerhard Illig aus Nürnberg ist sie geradelt, die Niederbayerntour. Mit seinem Sohn Jannis hat er sich im Mai 2023 auf den Weg gemacht und ist 244 Kilometer in 7 Etappen durch Niederbayern geradelt.
Gerhard, was ist das Besondere an der Niederbayerntour?
Für mich ist Niederbayern unbedingt ein Geheimtipp. Die Mischung aus Natur, Kultur und Gastfreundschaft ist perfekt. Die Tour ist unkompliziert und sympathisch: Es gibt Unterkünfte, Verpflegungsmöglichkeiten, Sehenswürdigkeiten und nette Menschen – man kann einfach losradeln. Der Anteil an flachen, ruhigen und schattigen Streckenabschnitten ist sehr hoch, was die Tour angenehm macht und auch für heiße Sommermonate empfehlen lässt. Außerdem sind Start und Ziel perfekt mit der Bahn zu erreichen.
An welcher Sehenswürdigkeit darf man auf keinen Fall vorbeifahren?
Da sind erst mal die drei großen Städte zu nennen: Passau am Anfang, Landshut in der Mitte und Regensburg am Ende. Dort könnte man jeweils locker mehrere Tage verbringen. Alle drei Städte liegen an Flüssen, sind geprägt von imposanter Geschichte und quirliger Gegenwart und haben eine Menge an Sehenswürdigkeiten zu bieten. Dazwischen gibt es wunderbare Klöster wie Schweiklberg, Aldersbach mit seinem Brauereimuseum, Furth, Rohr und Weltenburg. Wer sich auf Barock einlässt, wird überall fündig und schnell zum Fan der Asam-Brüder, die im 18. Jahrhundert in der Region gewirkt haben. Wer sich für modernere Kunst interessiert, sollte das KÖNIGmuseum in Landshut besuchen. Natürlich kommt man in Abensberg nicht an Hundertwasser vorbei. Hier lohnt sich unbedingt eine Brauerei-Führung.
Was war ein unerwartetes Erlebnis auf der Reise?
Am wachsenden Felsen von Usterling sind wir mit zwei älteren Damen und einem Herren ins Gespräch gekommen. Offensichtlich sind sie in der Gegend aufgewachsen, leben aber schon seit vielen Jahre nicht mehr hier und waren auf den Spuren ihrer Kindheit unterwegs. Die drei waren sehr gerührt von dem Ort und erzählten uns mit viel Empathie von ihrem Leben. Der Herr behauptete, ein Foto aus den 1920-er Jahre zu besitzen, auf dem der Felsen nur einen halben Meter hoch sei. Das entspricht zwar nicht unseren Recherchen, aber das spontan so innige Gespräch ist uns noch lange nachgegangen.
Wie hast du die Balance zwischen dem Erkunden neuer Orte und dem Entspannen während deiner Radreise gefunden? Gab es spezielle Orte, an denen du besonders zur Ruhe kommen konntest?
Zwischen den drei spannenden Städten ist die Tour von wohltuender Ruhe und Natur geprägt. Gleich hinter Passau haben uns die weiten Donauauen eingenommen. Den Radweg entlang der Vils fanden wir sehr idyllisch, vor allem den ersten Abschnitt. Am Pisketurm bildet ein Wirrwarr an Seitenarmen der Vils ein herrliches Biotop. Bei Plattling waren wir angetan von den renaturierten Isarauen mit ihren einladenden Plätzen zum Verweilen. Die Mossandl-Weiher waren ein willkommener Badestopp. Wir hatten genug Zeit, um zwischen den Bäumen am Ufer eine Hängematte aufzuhängen. Paradiesisch. Auch der Kurpark von Bad Abbach mit seinen großen, alten Bäumen ist ein Entspannungsort. Aber das Radeln selbst war oft so entspannt, dass wir immer wieder ausgiebig ins Ratschen gekommen sind. Von Hektik keine Spur.
Welche Rolle spielte die Natur auf der Reise? Gab es landschaftliche Highlights oder Umgebungen, die dir besonders gefallen haben?
Entlang der Flüsse fühlt man sich fast immer inmitten der Natur. In der Hallertau prägen Hopfen und Spargel die Landschaft. Das Vilstal gleich hinter Vilshofen, die renaturierten Isarauen bei Plattling, und der wachsende Felsen von Usterling sind mir besonders in Erinnerung geblieben. Höhepunkt ist sicher der Donaudurchbruch bei Weltenburg, den wir erfreulicherweise mit der Zille durchfahren konnten. Aber auch der letzte Donauabschnitt zwischen Kelheim und Regensburg war nochmal ein Highlight.
Gab es bestimmte Momente, in denen du dich besonders mit der Umgebung oder den Menschen vor Ort verbunden gefühlt hast?
Wir haben die Menschen als sehr gastfreundlich und aufgeschlossen erlebt. Ob in der Bäckerei, auf dem Markt oder im Biergarten – wir sind immer wieder spontan ins Gespräch gekommen und haben uns dabei zunehmend in den niederbayerischen Dialekt verliebt. Wenn wir durch Dörfer geradelt sind, haben uns die Leute zugewunken. Das fanden wir schon sehr herzlich.
Welche Erinnerungen an deine Radreise sind dir besonders lebhaft in Erinnerung geblieben und warum?
Vielleicht waren es am Ende die Menschen, die mich am nachhaltigsten beeindruckt haben. Ob es junge Leute waren, die in kleinen Dörfern mit Herzblut und Engagement Traditionen mit neuem Geist erfüllen, oder klassische Braumeister:innen (!), Klosterbrüder, Spargel- oder Streuobstbauern, Gastwirte oder Zillenkapitäne: Alle haben die jeweiligen Orte zu etwas besonderem gemacht.
Was sollte man auf der Niederbayerntour unbedingt dabeihaben?
Man sollte vor allem ein bisschen Zeit mitbringen, um sich auf die vielen kleinen Erlebnisse und Begegnungen einlassen zu können. Auf der Tour kann man sich wunderbar treiben lassen.
Für wen würdest du die Niederbayerntour empfehlen?
Wer steile Passstraßen sucht, wird diese hier nicht finden. Wer Freude daran hat, sich entspannt auf Land und Leute einzulassen, sollte die Niederbayerntour unbedingt in seine Bucket-List aufnehmen.